ADHS … was ist das denn überhaupt? ​

Ist es eine Superkraft – oder doch eher eine Krankheit/Störung? Eine schlechte Sache – oder etwas Gutes? Eine Abweichung von der Norm, wie das Wort „Neurodivergenz“ suggeriert?

ADHS … was ist das denn überhaupt?

Bevor wir darauf eingehen, möchte ich dir gerne meine persönliche Meinung dazu sagen.

Also stell dir einfach vor, wir sitzen zusammen am Tisch – und Du fragst mich:

„Julian, was ist ADHS für dich?“

„Schön, dass Du dich dafür interessierst“, würde ich dann antworten. „Möchtest Du die lange oder die kurze Antwort hören?“

Spoiler: Hier gibt´s nur die kurze Antwort. Und die…ist schon lange genug.

Also, steigen wir ein:

ADHS ist irgendwie alles, weil eben immer ein Teil des Lebens. Manchmal ist es aber auch nichts, weil es weder stört noch positiv auffällt.

ADHS IST einfach. Ein Fakt, den es zu akzeptieren gilt.

Die Neurowissenschaft hat große Fortschritte gemacht. Unterschiede in der Durchblutung des Gehirns (Stirnhirn) wurden gefunden. Dort wird – darum – weniger Blutzucker verbraucht. Botenstoffe des Gehirns (Dopamin) stehen spärlicher zur Verfügung. Oder werden in rauen Mengen zur Verfügung gestellt (Adrenalinschübe). Zentren für emotionale Regulation reagieren empfindlicher. Und unsere „ungerichtete Aufmerksamkeit“ (Überlebens-System) ist aktiver, während die „gerichtete Aufmerksamkeit“ (willentlicher Fokus) viel schwerer zu halten ist. Vor allem, wenn uns etwas als unwichtig, uninteressant oder nicht dringend erscheint. Packt uns etwas, sieht es komplett anders aus. Dann können wir einen Fokus haben wie eine Maschine mit Superbatterie (Hyperfokus).

Und dennoch: Von außen gesehen ist jedes ADHS anders. Denn auch jeder Mensch ist ja ein Unikat.

Mein ADHS ist also nicht Dein ADHS. Und das ADHS Deines Kindes unterscheidet sich von Deinem – falls Du denn auch betroffen bist.

Ja, das macht alles viel komplizierter als eingangs gedacht. Aber irgendwie auch spannender, oder?

ADHS existiert zudem auf einem Spektrum

Psychologen sprechen dann gerne von „leicht“, „mittelgradig“ oder „schwer“ betroffen.

Für mich ist ADHS ein Begleiter. Ein Gast auf der Party deiner Persönlichkeit. Du hast den gar nie eingeladen? Ja, das stimmt. Aber Du kannst ihn ebenso wenig ausladen. Manchmal tanzt ADHS wie ein Virtuose mit deinen Talenten. Manchmal sitzt es aber auch gelangweilt und abwesend mit deinen Schwächen an der Bar. Dort wird dann getrunken und gewürfelt, bzw. um hohe Einsätze gewettet.

Manchmal ist dein ungeladener Gast ein stiller, zurückhaltender Beobachter. Manchmal aber ein lauter und forscher Wortführer.

An Parties können bekanntlich kleine Feuer ausbrechen. Da kippt dein ADHS manchmal noch Benzin drauf. Oder aber, es sieht die Flammen vor allen anderen Gästen – und löscht sie so schnell, dass kaum jemand etwas davon mitbekommt.

Was ADHS auf jeden Fall NICHT ist: unsichtbar.

Du wirst dein ADHS nicht aussperren können. Wenn Du das machst, kommt es über den Notausgang wieder herein. Oder übers Dachfenster. Oder via Tunnel. Glaub mir, dein Gast ist ziemlich kreativ, wenn es darum geht, ein Teil deiner Party zu sein.  Je vehementer Du dich dagegen wehrst, umso mehr Krach wird er machen.

Aber geben wir mal „Butter bei die Fische“, wie die Norddeutschen sagen: ADHS ist die Abkürzung für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung. Die sogenannte „Hyperaktivität“, also Überaktivität, kann sich im Aussen zeigen. Das sind die Wilden. Sie kann sich aber auch ins Innere verlagern, als Gedankenkarussell. Das sind die Tagträumer.

Stell dir ADHS wie einen wilden Fluss vor. Das Problem dabei ist nicht das Wasser selbst. Die Ufer kommen einfach nicht mehr mit den Wassermassen klar. So verhält es sich auch mit unserem Reizfiltersystem, dass Du dir gerne als Ufer denken kannst. Bei Betroffenen strömen immer zu viele Eindrücke ins Bewusstsein, wie Wasser. Zu wenig davon wird sofort und aktiv gefiltert. Der Geist von ADHSlern lässt sich darum schnell einmal von der schieren Flut an Stimuli überrollen.

Der Versuch, dieser Überlast Herr zu werden (ein sogenannter „Coping-Mechanismus“), äußert sich oft in Bewegung: Die „wilden ADHSler“ (ADHS-H) führen damit ihre mentale Überforderung ab. Im Aussen, mit ihrem Körper.

Andererseits finden Betroffene in Tagträumen ihren inneren sicheren Hafen (ADHS-I). Es ist für sie wie ein Zustand des Rauszoomens, als Reaktion auf den unaufhörlichen Reizstrom. Sie „klinken sich aus dem Film aus“.

Total scharf abgetrennt sind die ADHS-Arten nicht. Hyperaktive kennen auch die Tagträumerei. Und Tagträumer kennen die Phasen der körperlichen Unruhe. Zudem gibt es die ADHS-Mischform (ADHS-C), wo beides allzu oft gleichzeitig vorkommt – die innere wie die äussere Unruhe.

Was ist ADHS noch?

ADHS ist ..

Die manchmal so stark ist, dass sie dich förmlich überrollt. Du fühlst nicht nur deine eigenen Emotionen, sondern auch die der anderen – ungefiltert und ungebremst. Das kann unglaublich schön sein, wenn Du mit Menschen in tiefen Austausch kommst. Es kann dich aber auch komplett überfordern, wenn Du nicht weißt, wie Du all diese Gefühle einordnen sollst.

Und zwar auf eine Art und Weise, die du öfters nicht planen oder kontrollieren kannst. Ideen kommen wie Blitzschläge aus dem Nichts, während Du unter der Dusche stehst. Oder sie melden sich mitten in der Nacht, wenn Du eigentlich schlafen solltest. Dein Gehirn ist halt wieder einmal auf der Suche nach der nächsten Inspiration, ohne Pause. Manchmal ist das genial, manchmal einfach nur nervig.

Das dich prägt. Schon in der Schule hörst du Sätze wie: „Du musst dich nur mehr anstrengen!“ oder „Warum kannst du das nicht wie alle anderen?“
Diese Worte treffen, weil sie etwas von dir verlangen, das du oft gar nicht leisten kannst – zumindest nicht so, wie andere es erwarten. Es ist nicht, dass du nicht willst, sondern dass dein Gehirn manchmal nicht kann. Aufgaben, die für andere wie ein gerader Weg aussehen, sind für dich oft ein Hindernisparcours.

Merk dir einen Satz: Man kann nicht können wollen.
Und genau darin liegt die Herausforderung – nicht im Mangel an Anstrengung oder Willen, sondern in der Akzeptanz dessen, wie dein Gehirn funktioniert
Ja, richtig gelesen. Manchmal tauchst Du SO tief in eine Aufgabe ein, dass die Welt um dich herum verschwindet. Das nennt man „Hyperfokus“. Es gibt also durchaus Momente, in denen ADHS dir „Superkräfte“ verleiht. Dann bist Du stundelang voll konzentriert. Doch es gibt eben auch diese Tage, an denen Du keine fünf Minuten stillsitzen kannst, ständig abgelenkt von irgendwas. ADHS ist wie ein Auto mit einer sehr simplen Gangschaltung. Erster Gang oder letzter (maximal noch einer dazwischen).
Weil Du ständig gegen unsichtbare Barrieren kämpfst, die andere nicht sehen oder nachvollziehen können/wollen. Aufgaben, die für andere simpel erscheinen, sind für dich ein wahrer Hindernislauf (z.B. Steuererklärung, Formulare etc.). Du willst zwar irgendwie (weil Du musst). Du versuchst es also, lässt es aber mittendrin wieder sein – oder leidest ziemlich stark, bis Du fertig bist. Dieser Aspekt kann sehr zermürbend sein.

Geduld, die Du mit dir selbst lernen musst. Weil Du anders bist. Weil dein Weg nicht geradlinig verläuft. Und weil Du lernen darfst, diese Tatsache zu akzeptieren, statt dagegen anzukämpfen. Es ist DEIN Tanz zwischen Chaos und Struktur, zwischen Impulsivität und Planung, zwischen Hochs und Tiefs.

Du erlebst deine Umgebung und die Menschen darin auf einer intensiven Ebene. Deine Sensibilität lässt dich oft in den kleinsten Nuancen der Stimmung schwimmen. So spürst Du zum Beispiel sofort, wenn sich die zwischenmenschliche Atmosphäre ändert. Das kann ein Geschenk sein. Weil Du oft weißt, wie andere sich fühlen. Manchmal sogar, bevor sie selber das wissen. Aber es ist auch eine echte Herausforderung, wenn Du plötzlich Gefühle anderer in dich aufsaugst, ohne über deren „Entsorgung“ nachzudenken.
Im Außen und im Innen. Dein Schreibtisch, dein Kalender, deine Gedanken – sie alle folgen manchmal einer Logik, die nur für dich alleine Sinn ergibt. Du bist auch der Mensch, der mitten in einem Gespräch plötzlich von einem anderen Thema ergriffen wird. Wenn Du wieder mitredest, ist dein Umfeld vielleicht schon, fertig mit dem Gespräch. Oder Du hast unterbrochen – und niemand versteht deine Sichtweise. Doch dieses Chaos ist auch der Motor deiner Kreativität. Es ist der Grund, warum Du neue Lösungen findest, wo andere nur Probleme sehen. Eben dein eigener, wilder Tanz durchs Leben.
Ein ständiges Auf und Ab der Gehirn-Botenstoffe Dopamin und Adrenalin – immer auf der Suche nach dem nächsten Kick! Ob Kaffee, Nikotin, Alkohol, schnelles Fahren, lange Partynächte, Kampfsport, Eisbaden, intensive Beziehungen, Theater und Drama, Bungee-Jumping, Achterbahnfahren oder eben TANZEN – ADHS ist nichts für schwache Nerven oder Langweiler.

Selten allein. Studien zeigen leider, dass 50 – 80 % der Betroffenen im Laufe ihres Lebens mit einer Begleiterkrankung zu kämpfen haben – in Fachkreisen „Komorbidität“ genannt. Häufig sind Suchterkrankungen, Depressionen, Burnout, Angststörungen und andere Persönlichkeitsstörungen. Sogar Allergien kommen öfter vor. Falls Du also jemanden mit ADHS zu deinem engeren Kreis zählst, frag doch hin und wieder mal nach, wie es ihm geht. Also so richtig nachfragen.

Wenn dich ein Thema packt, dann mit Inbrunst. Du kannst dich für Dinge mit einer Energie begeistern, die für andere ansteckend ist. Diese Begeisterung ist ehrlich und intensiv. Doch so schnell, wie die Flamme auflodert, kann sie auch wieder erlöschen. Und Du findest dich dann auf der Suche nach dem nächsten Funken wieder.
Weil manchmal alles zu viel ist. Die Gedanken rasen, die Aufgaben stapeln sich – und Du weißt gar nicht, wo du anfangen sollst. Es ist, als ob dein Gehirn gegen dich arbeitet. Und das macht dich hilflos. An solchen Tagen willst Du dich einfach verkriechen, die Welt aussperren, die Gedanken zur Ruhe bringen. Doch Du lernst in dieser Zeit auch, dass die Ruhe nach dem Sturm kommt – und selbst die schwersten Momente vorübergehen.
Der Mut, jeden Morgen wieder aufzustehen und weiterzumachen. Der Mut, dich deinen Herausforderungen zu stellen – auch wenn Du nicht weißt, wie der Tag verlaufen wird. Zudem braucht es Mut, selbstbewusst anders zu sein. Gerade in einer Welt, die so sehr nach der Norm verlangt. Aber: Genau dieser Mut macht dich auch aus. Denn Du weißt, dass Du deinen eigenen Weg gehen wirst. Und das wird sich lohnen, auch wenn es dir manchmal schwerfällt.
Es ist die Fähigkeit, Dinge aus einer Perspektive zu sehen, die anderen nicht zugänglich ist. Die Kraft, neue Verbindungen zu schaffen, wo andere nur ein Knäuel von wirren Fäden sehen. Dein Gehirn arbeitet anders – und genau das ist deine Stärke. Du hast Fähigkeiten, die andere nicht kennen, gerade WEIL Du die Welt in einer besonderen Intensität/Vernetzung erlebst. Je mehr Du dich mit diesem Potenzial verbindest, desto mehr wirst Du ADHS als Kraftquelle erleben – statt bloss als Last.

Die Hoffnung, dass es immer einen Weg gibt, selbst wenn mal alles grad nicht so gut aussieht. Denn Du lernst dich selbst immer besser verstehen. Auf diesem Weg entwickelst Du Strategien, um dein Potenzial zu entfalten und deine Leidenschaften zu leben. Du darfst also ruhig hoffen, trotz aller Herausforderungen , ein Leben zu führen, das authentisch und erfüllt ist. Es gibt unzählige Beispiele von zufriedenen, erfolgreichen Menschen mit der ADHS-Diagnose.

Es ist alles, was oben beschrieben wurde – für mich, und noch viel mehr, was hier keinen Platz findet. Anders denken hat Stil. Anders Denken, Handeln
Sehen– das ist kein Makel, sondern eine Form von Individualität. Es fordert Mut, den eigenen Weg zu gehen, aber es bringt auch Freiheit. ADHS ist eine Herausforderung, ja, aber ebenso eine Chance, die Welt auf besondere Weise zu sehen und zu gestalten.

Und jetzt?

Vielleicht ist ADHS für dich gerade eine echte Herausforderung – ein großer Stein auf deinen Schultern. Aber Schultern werden stark, wenn sie Lasten tragen. Klar: ADHS betrifft in erster Linie deine Psyche. Doch wer steuert diesen faszinierenden Apparat aus Fleisch und Blut, den wir unseren Körper nennen?

Es ist unsere Psyche. Unser Wille. Unsere Entschlossenheit.

Wenn du deinen Geist trainierst, kannst du enorm davon profitieren. Aber es geht nicht darum, „noch mehr“ oder „noch schneller“ zu werden. Es geht darum, zu erkennen, wann es Zeit ist, Vollgas zu geben – und wann es Zeit ist, bewusst abzubremsen, zur Ruhe zu kommen und neue Kraft zu tanken. Denn genau darin liegt deine Stärke: zu lernen, wie du mit deinem Tempo und deinen Bedürfnissen umgehst.

Vielleicht fühlst du dich trotzdem manchmal, als würdest du nie genug sein – als müsstest du immer mehr leisten, um überhaupt gesehen zu werden. Du strengst dich an, gibst alles, und trotzdem hörst du: „Das geht doch besser!“ oder „Jetzt reiß dich mal zusammen!“ Doch weißt du was?

Du bist genug. Dein Gehirn arbeitet anders, ja – und genau das macht dich einzigartig.

Es geht nicht darum, perfekt zu sein oder alle Erwartungen zu erfüllen. Es geht darum, deinen eigenen Weg zu finden – mit all deinen Stärken, Herausforderungen und dem Potenzial, das nur du hast. Du schaffst das.

Und wenn Du bis hierhin durchgehalten hast du: Glückwunsch! Melde dich doch, dann trinken wir mal einen Kaffee zusammen.

Und falls du Lust hast, lies gern noch weiter – jetzt folgt der ausführliche, wissenschaftlichere Teil meiner Antwort.

ADHS: Wissenschaftlich beleuchtet

ADHS ist eine neurobiologische Entwicklungsstörung mit den Hauptsymptomen Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität. Etwa 5,3 % der Kinder und Jugendlichen weltweit sind betroffen, bei Erwachsenen liegt die Prävalenz etwas niedriger.

Terminologie und Klassifikation
  • Synonyme (selbe Bedeutung)
    • ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung)
    • ADS (Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom)
    • ADHD (Attention Deficit Hyperactivity Disorder)
    • HKS (Hyperkinetische Störung)
    • POS (Psychoorganisches Syndrom, Schweiz)
  • Präsentationsformen nach DSM-5 
    • Vorwiegend unaufmerksamer Typ (ADS)
    • Vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typ (ADHS)
    • Kombinierter Typ (ADHS/ADS)

Diagnoserelevante Symptome (laut DSM-5):

  • Unaufmerksamkeit
  • Vergesslichkeit
  • Desorganisation
  • Hyperaktivität
  • Impulsivität
  • Ungeduld
  • Inneres Getriebensein
  • Übermässiges Reden

Die Diagnose erfolgt symptomorientiert, da es keine spezifischen Biomarker gibt.

  • Ineffizientes Arbeitsgedächtnis
  • Geringere Aktivität des Motivationssystems (Striatum)
  • Gestörte Stressbewältigung
  • Dopamin- und Noradrenalindefizit
  • Dauer und Persistenz der Symptaome:
    ADHS-Symptome sind unabhängig von äusseren Stressoren dauerhaft präsent, während stressbedingte Symptome sich häufig nach Wegfall der Belastung reduzieren.
  • Unterschiedliche Ursachen:
    ADHS hat neurobiologische Wurzeln (z. B. Dysregulation von Dopamin und Noradrenalin), während chronischer Stress durch Umweltfaktoren wie Überlastung oder emotionale Belastungen entsteht.
  • Reaktion auf Behandlung:
    Stresssymptome können durch Erholung und gezielte Stressbewältigungsstrategien schnell abnehmen, während ADHS oft eine spezifische Therapie (z. B. Medikamente, Psychotherapie, beides) erfordert.
  • Diagnostische Überlappung:
    Symptome wie Konzentrationsprobleme oder innere Unruhe können in beiden Fällen auftreten, was die Differenzierung erschwert. Hierbei hilft eine genaue Anamnese und eine Betrachtung des Langzeitverlaufs.

Verlauf

  • Symptome wie Hyperaktivität und Impulsivität sind in der frühen Kindheit oft stärker ausgeprägt.
  • Schwierigkeiten in der Schule durch Unaufmerksamkeit oder Stören in der Klasse
  • Häufig Abnahme der Hyperaktivität, stattdessen vermehrte Impulsivität und emotionale Instabilität.
  • Höheres Risiko für riskantes Verhalten, wie Drogenkonsum oder impulsive Entscheidungen.
  • Häufig Abnahme der Hyperaktivität, stattdessen vermehrte Impulsivität und emotionale Instabilität.
  • Höheres Risiko für riskantes Verhalten, wie Drogenkonsum oder impulsive Entscheidungen.
  • Häufig Abnahme der Hyperaktivität, stattdessen vermehrte Impulsivität und emotionale Instabilität.
  • Höheres Risiko für riskantes Verhalten, wie Drogenkonsum oder impulsive Entscheidungen.
  • Häufig Abnahme der Hyperaktivität, stattdessen vermehrte Impulsivität und emotionale Instabilität.
  • Höheres Risiko für riskantes Verhalten, wie Drogenkonsum oder impulsive Entscheidungen.
  • Jungen/Männer
    • Häufiger diagnostiziert, da hyperaktive und impulsive Symptome auffälliger sind.
    • Neigen eher zu externalisierendem Verhalten wie Aggression oder impulsivem Handeln.
  • Mädchen/Frauen
    • Unaufmerksame Symptome dominieren oft, weshalb die Diagnose häufiger übersehen wird.
    • Höhere Prävalenz von internalisierten Symptomen wie Angst, Depression und sozialem Rückzug.
    • Im Erwachsenenalter oft Belastung durch Rollenanforderungen (z. B. Beruf und Familie gleichzeitig), die Symptome verstärken können.

Klassifikation nach Dr. Amens: 7 ADHS-Typen (inoffiziell)

Dr. Daniel G. Amen ist ein amerikanischer Psychiater und Neurowissenschaftler, der für den Einsatz von SPECT-Scans (Single Photon Emission Computed Tomography) bekannt ist. Diese Scans sollen die Aktivitätsmuster des Gehirns sichtbar machen und werden von ihm als Grundlage für personalisierte Behandlungsansätze genutzt.

Auf Basis dieser Verfahren hat er eine inoffizielle Klassifikation von ADHS mit sieben Typen entwickelt, die auf unterschiedlichen Gehirnaktivitäten basieren. Obwohl diese Einteilung interessante Ansätze für eine differenzierte Betrachtung von ADHS bietet, sind Amens Methoden umstritten. Viele Experten kritisieren, dass der diagnostische Nutzen der SPECT-Scans wissenschaftlich nicht ausreichend belegt ist. Trotz der berechtigten Kritik sehe ich in der weiteren Klassifizierung von ADHS-Typen Potenzial für individuellere Therapieansätze und eine kritische Auseinandersetzung als wertvoll an.

  • Symptome: Kombination aus Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität.
  • Ursache: Dysfunktion im präfrontalen Kortex und niedrige Dopaminspiegel.
  • Symptome: Konzentrationsprobleme, Vergesslichkeit, Desorganisation, häufig als „Träumertyp“ wahrgenommen.
  • Ursache: Reduzierte Aktivität im präfrontalen Kortex.
  • Behandlung: Leichte Stimulanzien, kognitive Strategien zur Steigerung der Wachsamkeit.
  • Symptome: Extreme Fixierung auf bestimmte Themen, Schwierigkeiten beim Wechsel zwischen Aufgaben.
  • Ursache: Überaktivität im anterioren Gyrus cinguli.
  • Symptome: Emotionale Ausbrüche, Stimmungsschwankungen, Impulsivität.
  • Ursache: Dysfunktion der Temporallappen, oft in Verbindung mit Traumata.
  • Behandlung: Kombination aus Beruhigungsmitteln und Psychotherapie.
  • Symptome: Chronische Traurigkeit, emotionale Dysregulation, geringe Motivation.
  • Ursache: Überaktivität im limbischen System.
  • Behandlung: Stimmungsaufheller, kognitive Verhaltenstherapie.
  • Symptome: Überaktiviertes Gehirn, Stimmungsschwankungen, Aggression, Hyperaktivität.
  • Ursache: Generalisierte Überaktivität in mehreren Hirnregionen
  • Behandlung: Stabilisierung des Gehirns durch spezielle Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel.

  • Symptome: Starke Sorgen, Vermeidungshaltung, Übererregung.
  • Ursache: Kombination aus ADHS und erhöhter Aktivität in Amygdala und präfrontalem Kortex.
  • Behandlung: Angstreduzierende Ansätze und sanfte Stimulanzien.

Auswirkungen von ADHS auf die Arbeitswelt

  • Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verlieren Menschen mit unbehandeltem ADHS. durchschnittlich 22 Tage Produktivität pro Jahr. (Zur Quelle)
  • Eine Umfrage ergab, dass nur 50% der Erwachsenen mit ADHS eine Vollzeitbeschäftigung halten konnten, verglichen mit 72% der Erwachsenen ohne die Störung. (Zur Umfrage)
  • Mitarbeiter mit ADHS haben signifikant höhere jährliche Fehltage (8,86 Tage) im Vergleich zu Mitarbeitern ohne ADHS. (7,16 Tage) (Quelle)
  • Erwachsene mit ADHS sind 60% häufiger von Kündigungen betroffen. (Zur Quelle)
  • Sie haben ein 30% höheres Risiko für chronische Beschäftigungsprobleme. (Zur Quelle)
  • Eine Studie fand eine signifikant höhere jährliche Fluktuationsrate bei Mitarbeitern mit ADHS (8,99%) im Vergleich zu Mitarbeitern ohne ADHS. (5,26%) (Zur Quelle)
  • Eine Studie über Kinder mit ADHS zeigte eine 3,8-fach erhöhte Unfallrate im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne ADHS. (Link zur Studie)
  • Erwachsene mit ADHS haben möglicherweise Schwierigkeiten, Anweisungen zu befolgen und auf Details zu achten, was in sicherheitskritischen Bereichen zu einem erhöhten Unfallrisiko führen kann.
  • Zeitmanagementprobleme
  • Schwierigkeiten mit Teamarbeit
  • Geringere Anpassungsfähigkeit an Routinen

Positive Eigenschaften und Handlungsempfehlungen

ADHS birgt Herausforderungen, aber auch eine Vielzahl positiver Eigenschaften, die in einem unterstützenden Umfeld gezielt gefördert werden können.

  • Kreatives und innovatives Denken
  • Hohe Energie und Begeisterung
  • Sensibilisierung von Führungskräften und Teams
  • Schaffung flexibler Arbeitsstrukturen (Agile Work)
  • Bereitstellung von unterstützendem Coaching

Behandlungsansätze

Die Behandlung von ADHS erfordert einen vielseitigen Ansatz, der individuell auf die Bedürfnisse der Betroffenen abgestimmt ist.

  • Kognitive Verhaltenstherapie (CBT) zur Verbesserung der Selbstregulation.
  • Achtsamkeitsbasierte Ansätze zur Stressreduktion.
  • Stimulanzien (z. B. Methylphenidat) zur Förderung der Dopaminaktivität.
  • Alternative Medikamente, einschliesslich nicht-stimulierender Optionen.
  • Nahrungsergänzung (z. B. Omega-3-Fettsäuren) zur Unterstützung der Gehirnfunktion.
  •  
  • Unterstützung bei Strukturierung des Alltags.
  • Schulung von Zeitmanagement und sozialen Kompetenzen.
  • Berufliches Coaching zur Optimierung der Arbeitsleistung.

Forschungsausblick

Ich bin mir sicher: In 30 Jahren werden wir schmunzeln über das, was wir heute über ADHS wissen. Und dennoch arbeiten wir mit den Erkenntnissen, die uns aktuell zur Verfügung stehen – selbstreflektiert, kritisch, aufmerksam und vor allem: positiv.

  • Entwicklung von Biomarkern und fortschrittlichen Bildgebungstechniken (z. B. fMRT).
  • Personalisierte Therapien, basierend auf genetischen und neurologischen Profilen.
  • Einsatz digitaler Tools wie Apps zur Verhaltensunterstützung
  • Untersuchung der Auswirkungen unbehandelter ADHS auf Gesundheit und soziale Integration.
  • Wechselwirkungen zwischen ADHS und Störungen wie Depressionen, Angst oder Sucht.

Fazit

ADHS ist eine komplexe Störung/Neurodiversität mit vielfältigen Auswirkungen. Durch eine frühzeitige Diagnose, gezielte Interventionen und die Förderung von Stärken können Betroffene ihr Potenzial ausschöpfen.

Der Weg zu einer inklusiveren Gesellschaft erfordert ein Verständnis für die Herausforderungen und Stärken von ADHS-Betroffenen. Wo sich Normen wandeln, werden «Störungen» zu Besonderheiten. Und Besonderheiten sind eine Bereicherung für jede Gesellschaft.

Lesefortschritt

Kapitel des Beitrages

Julian Lehnhardt

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Der Begleiter

Magazin für Systemische Wegbegleitung

Die Diagnose einer “Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)” – bzw. Neurodiversität – kann für Eltern und Kinder gleichermaßen eine Erleichterung wie auch eine Herausforderung sein. Wichtig ist: Gehen Sie nach der Diagnose gezielt und strukturiert vor, um Ihrem Kind die bestmögliche Unterstützung zu bieten. In diesem Artikel wird ein optimaler Fahrplan skizziert, der Eltern, Lehrkräften und Fachpersonen die nötige Orientierung bietet.
Stellen Sie sich vor, Sie können keine Bilder in Ihrem Kopf erzeugen – keine Gesichter, keine Orte, keine Erinnerungen. Für Menschen mit Aphantasie ist das Alltag. Wie wirkt sich das auf Lernprozesse, kreative Aufgaben oder persönliche Beziehungen aus? Was können Sie tun, um Betroffene zu unterstützen – und könnte es sein, dass auch Ihr Kind betroffen ist?
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